Seit einem Vierteljahrhundert zeigt uns die PISA-Studie schonungslos, wie Deutschland im internationalen Vergleich zurückfällt. Rund 50.000 Jugendliche verlassen jedes Jahr die Schule ohne Abschluss.
Junge Menschen werden ihrer Zukunftschancen beraubt und unserer Gesellschaft entstehen Kosten in Milliardenhöhe. PISA von heute ist der Wohlstand von morgen.
Mit kosmetischen Reförmchen, die keine wirkliche Verbesserung bringen, dürfen wir uns nicht mehr abfinden. Seit Jahrzehnten krankt unser Bildungssystem an komplexen, langsamen Strukturen zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Wenn wir weltbeste Bildung ernst meinen, brauchen wir eine grundlegende Revolution.
1. Von Kompetenzgerangel ist noch kein Kind klug geworden
Die Kultusministerkonferenz hat viele Gremiensitzungen, aber keine Strategie für das Bildungssystem des 21. Jahrhunderts. Um der Wissenschaft eine stärkere Stimme in der Bildungspolitik zu geben, sollten wir uns am Wissenschaftsrat (WR) ein Beispiel nehmen. Wir brauchen eine nationale Bildungskonferenz aus Wissenschaft, Politik, Schulleitung, Schülern und Eltern.
2. Ein vergleichbares Deutschlandabitur sorgt für mehr Gerechtigkeit.
Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Bundesländern konkurrieren deutschlandweit um Studien- und Ausbildungsplätze. Schauen wir auf die erfolgreichen Bildungssysteme in Skandinavien: Der Staat gibt Lernziele vor und prüft diese. In Deutschland erstellen 16 Kultusministerien kleinteilige Lehrpläne für jede Klassenstufe und jedes Fach. Damit muss Schluss sein.
3. Die Bildungsexperten sind die Lehrkräfte vor Ort, nicht die Beamten in den Ministerien.
Schülerleistungen sind dort besser, wo Schulen hohe Gestaltungsspielräume haben. Denn Schulen und Lehrer vor Ort wissen am besten, wie sie die bestehenden Potentiale ihrer Schülerinnen und Schüler zur Entfaltung bringen. Schulfreiheitsgesetze sind auch die logische Konsequenz für weniger Zeitverlust in Papierbergen und von einheitlichen Standards.
4. Lesen, Schreiben, Rechnen: Die Grundlagen müssen sitzen und regelmäßig messbar überprüft werden.
Auf diesen Fähigkeiten baut alles auf. Von den weiteren schulischen Leistungen, bis hin zur Teilhabe in der Gesellschaft. Deswegen müssen wir bereits die Kitas als Bildungseinrichtungen begreifen und von klein auf die Entwicklung der Grundfähigkeiten überprüfen. So kann bei Fehlentwicklungen sofort nachgesteuert werden.
5. Nach dem Startchancen-programm Schule braucht es das Startchancenprogramm Kita.
Der Grundstein der Bildungskarriere wird in den Kitas gelegt. Sie sind nicht nur Betreuungseinrichtungen, sondern die erste Lernstätte für Kinder. Umgang mit Zahlen, logisches Verständnis oder erste Experimente – für diese Grundlagen braucht es das bestmögliche pädagogische Fachpersonal und Betreuungsschlüssel, die eine intensive Förderung ermöglichen.
6. Wirtschafts- und Informatikunterricht gehören als eigenständige Fächer in die Schulen.
Junge Erwachsene sollen die Schule als mündige Staatsbürger verlassen. Gleichzeitig entlassen wir jedes Jahr tausende Schülerinnen und Schüler in die Welt ohne grundlegende Wirtschafts- oder Finanzkenntnisse. Dazu kommt die digitale Welt, die in jeden Bereich unseres Lebens ausstrahlt. Wir müssen unsere Kinder fit machen – für die erfolgreiche Zukunft in Job und Gesellschaft.
Wir haben in Deutschland kein Erkenntnisproblem. Die Bildungswissenschaft hat das über Jahre hinweg dokumentiert. Wir haben ein Umsetzungsproblem.
Wenn wir unseren Kindern das beste Bildungssystem geben wollen, dürfen wir nicht an alten Strukturen festhalten. Wir brauchen einen entschlossenen Neustart. Das sind wir den jungen Menschen von heute und morgen schuldig.